168 Vi.ztr.karlvdiszum«vestph.fried. 1520-1.664
Tag bei Leipzig dem Kaiser bic Früchte eines
zwölfjährigen Krieges geraubt, er sah sich in seinen
eigenen Erblanden bedroht; lind wie ein Donner
aus blauem Himmel herab, so war ihm diese Ge-
fahr plötzlich und wider Erwarten gekommen. Ir«
solcher Noth schien ihm und Feine«« Rathen nur
Ein Rettungsmittel übrig zu seyn, nemlich den
zurückgesetzten, beleidigten, in stolzer Zurückgezo-
genheit lebenden Wallen stein «vieder hervorzu-
rufen. Kein Gegner konnte gegen den großen Kö-
nig in die Schranken treten, anßer ihm, keiner
dein Kaiser wieder ein Heer schaffen.
Allein ihn zu ge,vinnen, schien eine schwere
Aufgabe zu seyn Kaiser und Königen zum Trotz
lebte er indes; auf seinen Gütern in Böhrnen mir
«riehr als königlicher Pracht. Die im Kriege er-
preßten Millionen setzten ihn dazu in den Stand.
Sechzig Edelknaben aus den vornehmsten Hausern,
in hellblaue«« Sammt mir Gold gekleidet, bedien-
ten >h>«; einige seiner Kainmerherrn hatten schon
in gleichem Range dein Kaiser gedient. Dreihun-
dert auserlesene Pferde standen in seinen Stallen
und fraßen aus marmornen Krippen, und seine
Wohnung glich eine«;« Hoflager, denn zu seiner
Nahe drängten sich die angesehensten Männer.
Aeußerlich schien er ruhig, aber sein brennender
Ehrgeiz ruhte nicht. Mit innerer Freude hatte er
den Fortschritten des scl wedlschen Königs zugese-
he», «veil sie ihn an den« Kaiser und dem verhaß-
ten Ehut'fürsten von Baiern «achten; ja, er hatte
selbst versricht, dem Könige sei««e Dienste anzutra-
ge»t, und «nogte seinen stolzen Sinn scho«« zur
Hoffnung der böhmischen Königskrone erheben.
Gustav wies seine Anerbietungen nicht geradezu
ab, allein ihr«« einen The«l seines Heeres auzu-
vertrauen, «vie er verlgngts, «ragte er nicht, und
indeß trafen bei Wallenstein die kaiserlichen Un-
terhändler ein, welche ihm «viederuin die Oberfeld-
herrnwürde antrugen.
Wallenstein euipftng sie kalt, und gab erst
nach vielen Bitrett das Versprechen, dem Kaiser
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Die Hunnen. ?5
und Weiden geben jenseits der Donau, sie wollten
Hüthex der Granze seyn." Der Kaiser nahm sie
auf. Von den Hunnen wurden sie nicht verfolgt;
die trieben mehr als 5o Jahre Viehzucht, Jagd und
Krieg in den Steppen und Wäldern von Südruß-
land, Polen und Hungarn, ohne weiter vorzurücken.
Aber den Gothen waren ihre neuen Sitze in
Thracien zu enge, und ihre Heerden lieferten ihnen
nicht den nöthigen Unterhalt; sie baten um Erlaub-
niß, sich die fehlenden Bedürfnisse erhandeln zu dür-
fen. Die römischen Statthalter aber, Lupicinus
und Mapimus, bedienten sich der Noth der Gothen
so schaamlos, daß um ein Brodt und etwa zehn
Pfund elendes, manchmahl Hundeflcifch, ihnen ein
Sclave verkauft werden mußte. Die meisten Heerden
waren hin, hin die Sclaven, Hungersnoth bewog
viele, um Brod ihre Kznder Zu geben. Iudeß das
Volk unter diesem Jammer seufzte, wurde Fridig er n,
der gochische Fürst, von dem Lupicinus in Marcia-
nopel zu Gaste gebeten. Er war ein tapferer Jüng-
ling, des Heldenmuths der Balten, seiner Ahnherrn,
voll; viele junge Leute, Waffenbrüder und Freunde,
begleiteten ihn. Während er aß, erhob sich das Ge-
schrei seines Gefolges draußen, welches die Römer
überfallen hatten und mordeten; er sollte dann auch
erschlagen werden, denn ohne ihn, hofften die Römer,
würden die Gothen nichts vermögen. Er, mit rache-
funkelndem Blick, sein Schwervr in der Hand, ohne
ein Wort zll reden, auf und hinaus, rettet seine
Freunde, und sprengt mit ihnen fort. Die Gothen
aber, erbittert über der Römer Treulosigkeit, brachen
alsbald auf und durchzogen mit Mord und Brand die
nächsten Provinzen; von den Mauern Constantinopels
sah man schon die Flammen der Dörfer und Land-
häuser, die sie angeznndet hatten.
Kaiser Valens zog ihnen mit einem Heere ent-
gegen ; bei Aorianopel kam es Zur Schlacht. Es wurde
hart gestritten, aber das gothische Fußvolk warf end-
lich die römische Reuterei und dann auch die Legionen
über den Haufen. Der Kaiser floh verwundet; sein
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/
Die Hunnen. 73
heit. Sie haben gedrungene, feste Glieder und dicke
Hälse, und »hre ganze Gestalt ist so ungeschlacht und
breit, daß man sie für zweibeinige Thierc oder für
solche Pfosten ansehcn möchte, die man grob ausge-
hauen als Brückeng,länder hinstellt. Weil man so-
gleich nach der Geburt in die Wangen der Kinder
tiefe Einschnitte macht, damit das Hervorkcimen der
Haare durch die zusammenlaufenden Narben gehin-
dert -werde, so bleiben sie bartlos und sehr häßlich
bis zum Greisenalter. Bei dieser unholden und wi-
derwärtigen Gestalt sind sie so roh, daß sie weder
des Feuers bedürfen, noch sich die Speisen zuberei-
ten; sondern Wurzeln wilder Pflanzen und das halb-
rohe Fleisch des ersten besten Thieres, das sie unter
sich auf des Pferdes Rücken legen und so ein wenig
mürbe reiten, ist ihre Nahrung. In Häuser gehen
sie nur, wenn die äußerste Noth sie treibt; sie scheuen
sie, als vom Leben abgeschiedene Traber; vielmehr
Berge und Thäler unstät durchschweifend, lernen sie
von der Wiege an Frost, Huiiger und Durst ertragen.
Sie kleiden sich in leinene Kittel oder in Pelze, von
Mäusefellen zusammengenäht; ihren Kopf bedecken sie
mit überhängenden Mützen und ihre Beine mit Bocks»
häuten. Ihre plump gemachten Stiefel hindern sie
am freien Geben; deshalb taugen sie wenig für Fuß-
gefechte; sondern beinahe festgewachfen an ihren
Pferden, die zwar dauerhaft, aber häßlich sind, rich-
ten sie auf ihnen alle ihre Geschäfte aus. Auf dem
Pferde kauft und verkauft ein jeglicher dieses Volks,
auf ihm ißt und trinkt er, und auf den Hals des
schnellen Thieres gelehnt, sinkt er in tiefen Schlaf,
bis zur Gaukelei der Träume; und ist über ernste
Geschäfte eine Rathschlagung, so geschieht auch sie in
diesem Aufzuge."
„Sie beginnen die Schlacht mit einem scheuß-
lichen Geheul; mit Blitzesschnelle sind sie da, zer-
streuen sich absichtlich in demselben Augenblick; kom-
rpen rasch wieder, und schweifen so ohne geordnete
Schlachtordnung im unstäten Morgen hin und her,
und ehe man sie wegen ihrer außerordentlichen Ge-
schwindigkeit erblickt, stürmen sie schon den Walloder
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So2 V. Ztr.rud. v. Habsb. bis Karl V. 1s73 — i5so.
andere. Da konnte es an größeren und kleineren
Kriegen nicht fehlen. Die Leutschen Städte nahmen
sich den Schweizerbund zum Muster, welcher sich im-
mer mehr ausbreltete, ja, sie nahmen sogar schweize-
rische Orte, Bern, Zürich, Solothurn und Zug in
ihr Blindniß auf, und nannten sich schon die Eid-
genossen. Und wie in Zeiten der Partheiung und des
Hasses meistens kein Theil Maaß hält und streng bei
dem Rechte bleibt, so war die Klage der Fürsten
und des Adels gewiß in vielen Fällen gegründet,
daß die Städte ihnen widerrechtlich ihre dienstbaren
Leute entzögen, indem sie ihnen Schm; und Bürger-
recht gewährten. Um ähnliche Klagen entstand auch
rin neuer Krieg der östreichischen Herren gegen die
Schweizer.
78. Die Schlacht bei Sempach.
13 36.
Der Herzog Leopold von Oestreich, an Helden-
muth und Stolz dem Leopold gleich, der bei Mor-
garten stritt, war erbittert gegen die Schweizer, weil
sie solche Orte in ihren Bund ausgenommen, welche
ihm unterthan waren, z. B. Entlibuch, Sempach,
Meyeuberg und Reichensee. Die Klage war gegrün-
det, aber Oestreich war nicht ohne Schuld, denn
diese Orte waren durch harte und gechigeöstreichische
Amtsleute gedrückt, und ferner hatte der Herzog, gegen
die Verträge, Zölle- an den Gränzen der Schweizer
angelegt, die ihren freien Verkehr hinderten. Der
Herzog schwur, „die Schweizer, Urheber ungerechter
Waffen, und ihren trotzigen Bund zu bestrafen."
Der Haß der Herren gegen die freien Landleute und
Bürger brach an so viel Orten mit vollem Feuer
aus, daß innerhalb wenig Worben die Schweizer von
167 sowohl geistlichen als weltlichen Herren befehdet
wurden. Die Briefe der Fehden wurden der Ver-
sammlung der Eidgenossen in zwanzig Botschaften
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Extrahierte Personennamen: Karl_V. Karl_V. Leopold_von_Oestreich Leopold Leopold Leopold Oestreich
Die Schlacht bei Dresden.
49
und der besten Reuterei des Heeres auf der Stra-
ße nach Freiberg hinaus, um den linken östreichi-
schen Flügel anzugreifen. Dieser war nicht eng
genug mit dem Hauptheere zusammengeschlossen,
der Plauensche Grund lag zwischen ihnen, und
während der Regen in Strömen vom Himmel her-
abstürzte und alle Ausstcht verdeckte, gelang es den
Franzosen, unbemerkt bis nahe heran zu kommen.
Und nun stürzte' die schwere Reuterer auf einmahl,
wie ein vernichtender Sturmwind, auf die östrei-
chischen Regimenter/ unter denen mehrere neuge-
worbene, des Krieges noch unkundige waren. Als
sie ihre durchnäßten Gewehre gegen die furchtba-
ren, geharnischten Reutergeschwader abdrücken well-
ten, versagten sie. Da blieb ihnen nichts, als
Gefangenschaft oder Tod, und eö wurden hier 12
bis i5,ooo Mann, mit ihrem General Mezko, zu
Gefangnen gemacht. Als ste nach Dresden hinein
gebracht wurden, sah man es den erwarteten Krie-
gern leicht an, daß sie mehr von Entbehrung und
Hunger und dem Ungestüm der Elemente bezwun-
gen waren, als von den Reutern.' Seit mehreren
Tagen hatten sie keinen Bissen Brodts genossen,
und die Kleider hiengen nur noch in Fetzen um
ihre erstarrten Glieder, so hatte sie der entsetzliche
Regen in den vielen Tagen und Nachten herabge-
weicht. Viele rissen Stücke rohes Fleisch von den
gefallenen Pferden und verzehrten sie; die theil-
nehmenden Bewohner Dresdens aber erquickten sie,
so gut sie vermogten.
Unter denen, die in diesen Tagen ihren Tod
, empfingen, war auch der französische General
Moreau, früher von Napoleon nach Amerika
verwiesen, jetzt aber zurückgekehrt, um mit seiner
Kriegserfahrung, im Gefolge des Kaisers Alepan-
der, zur Befreiung Europa's und seines Vater-
landes mitzuhelfen; denn er verfluchte den Ehrgeitz,
welcher die Welt von einem Kriege athemlos in
den andern trieb. Am 27sten um Mittag, als er
(4)
, • .
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Extrahierte Personennamen: Mezko General
Moreau Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Dresden Freiberg Dresden Dresdens Amerika
Einleitung, 61
Wvlull\Uuutuv\Vu\Uuhv\Aluvuuvlv\l\Vl\U\Hl\ll\l\U\Vat
hergetriebenen Fische fangen sie mit Netzen von Binsen und Seegras.
Sie haben kein Vieh und nähren sich nicht, wie ihre Nachbarn,
von Milch; nicht einmal Wild Zu jagen ist ihnen vergönnt, da
kein Strauch bei ihnen zu sehen ist. Den mit der Hand gewon-
nenen Schlamm (Torf) trocknen sie mehr an der Luft, als an der
Sonne, um damit ihre Speisen zu kochen und ihre vom Nord-
winde erstarrten Eingeweide zu wärmen. Sie haben kein anderes
Getränk als Regenwasser, in Gruben aufbewahrt. Und dennoch,
wenn diese Völker von den Römern sollten überwunden werden, so
würden sie sagen, sie wären Sklaven geworden!" — Tacitus da-
gegen , welcher das ausgebreitete Volk der Chauken mehr im Innern
des Landes im Auge hat, rühmt sie als das angesehenste Volk
unter den Germanen, friedlich gesinnt und doch kriegerisch und
tapfer. Sie waren lange treue Bundesgenossen der Römer, die
mehrmals durch ihr Land gegen die Völker an der mittleren Weser
zogen, wahrscheinlich aus einer Stamm-Feindschaft gegen die Che-
rusker. Ja, unter Nero's Regierung verdrängen sie die gegen die
Ems vorgeschobene Wehrmannei des Cherusker-Bundes, die Ansi-
barier, und dehnen sich weit nach Süden aus, so daß Tacitus sie
sogar bis zu den Catten hinaufreichen läßt. Im dritten Jahrhun-
dert verheeren sie Gallien unter dem Kaiser Didius Julianus, und
endlich verschwinden sie unter dem Bundes-Namen der Sachsen.
Ptolemaus nennt einige Oerter bei den Chauken: Tuderium,
wahrscheinlich Meppen, Tuliphurdum, Verden; Phabiranum,
Bremen oder Bremervörde; Leuphana, Lüneburg? und andere.
14. Die Frisen, an der Nordsee, von der mittleren Rhein-
Mündung bis zur Ems, Bundesgenossen der Römer in den deut-
schen Kriegen. Im vierten und fünften Jahrhundert erscheinen sie
in dem Bunde der Sachsen wieder und schiffen mit diesen sogar
nach Britauien über.-) Die Römer nennen die Inseln Borkum
Burchana, und Ameland, Austeravia, an ihrer Küste, und in
ihrem Lande die Oerter: Fleum oder Fleyum, am Dollart, und
Amisia, dem jetzigen Emden gegenüber.
15. Die Sachsen, späterhin so wichtig, werden zuerst von
Ptolemäus in der Mitte des zweiten Jahrhunderts als Bewohner
*) Procop. Goth. Iv. 20.
4
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Einleitung. 29
« wwvvmuvvvwvvvwvvuvtuwi w iw ivwivwmmvvviviwtvu k.
kannte keinen Schmuck als seine Waffen; sein Schild und seinen
Helm, wenn er einen trug, verzierte er, so gut er konnte. Bei
den Sueven trug er das Haar in einem Büschel auf dem Schei-
tel zusammengebunden, des kriegerischen Ausdrucks wegen; bei den
Sachsen wurde es gescheitelt und hing, zu mäßiger Länge verschnit-
ten, auf die Schultern herab.
Die einfache Kost bestand vorzüglich aus Fleisch- und Milch-
Speisen. Aus Hafer und Gerste bereiteten sie ihr Liebliugsgeträuk,
das Bier. Auch Merh, aus Wasser und Honig, kannten sie; denn
Honig bereiteten ihnen die wilden Bienen in den Wäldern in vor-
züglicher Güte und Menge. Am Rheine verschmähten sie auch den
von den Römern gebrachten Wein nicht.
Kein Volk ehrte die Rechte der Gastfreundschaft höher, als die
Deutschen. Einen Fremden, wer er auch sey, von seinem Hause
zurückzuweisen, wäre sehr schimpflich gewesen. Ein jeder nahm
ihn an seinem Tische auf, nach seinem Vermögen; war sein Vor-
rath aufgezehrt, so wurde der, welcher noch eben Wirth gewesen,
der Wegweiser und Begleiter des Gastfreundes, und ungeladen tra-
ten beide in das nächste, beste Haus ein. Auch da wurden sie
gleich freundlich empfangen. Wenn der Fremde Abschied nahm,
so erhielt er als Gastgeschenk, was er nur begehrte; und der Geber
forderte seiner Seits eben so frei und offen. Das gutmüthige
Volk hatte Freude an Geschenken; aber sie rechneten weder die
Gabe hoch an, noch hielten sie sich durch diejenige sehr verpflichtet,
die sie empfangen hatten.
Nicht selten rathschlagten die Deutschen bei ihren Gastmäh-
lern über die wichtigsten Angelegenheiten, über die Versöhnung
zwischen Feinden, über Bündnisse und Freundschaften, über die
Wahl der Fürsten, ja über Krieg und Frieden; weil die Fröhlichkeit
des Mahles und der Gesellschvft die Geheimnisse der Brust aufschloß.
Aber am folgenden Tage wurde das, was so au's Licht gekommen
war, in endliche Ueberlegung genommen, so daß das Verhältniß
beider Zeiten richtig gestellt war; sie rathschlagten, wenn sie sich
nicht verstellen konnten, und faßten den Beschluß, wenn sie zu
ruhiger Ueberlegung fähig waren.
Bei ihren Mahlen hatten sie eine eigene Art von Schauspielen.
Nackte Jünglinge tanzten zwischen bloßen Schwerdtern und aufge-
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106 Aelt. Gesch. I. Zcitr. bis Klodwig. 486.
'' ftahwliuwl'wvuwwv iuvuvw Wviu'ilulvl'lvui Viw1w11
überleben und tödtete sich selbst. Die Ostgothen mußten sich der
hunnischen Macht unterwerfen; und die Westgothen, Widerstand
für unnütz haltend, wichen aus ihren Sitzen und schickten Botschaft
an den Kaiser Valens nach Konstantinopel: „Er solle ihnen Land
und Weiden geben, jenseits der Donau, sie wollten Hüter der
Granze femt." Der Kaiser nahm sie auf. Von den Hunnen wur-
den sie nicht verfolgt; diese trieben mehr als 50 Jahre Viehzucht,
Ja.gd und Raub in den Steppen und Wäldern vom jetzigen Süd-
rußland, Polen und Ungarn, kamen dabei in mancherlei Berüh-
rung mit den Römern, denen sie oft im Kriege dienten, und
milderten durch den Verkehr mit ihnen, so wie mit den deutschen
Völkern, vieles in ihren «Litten.
Den Westgothen waren ihre neuen Sitze in Thracien bald zu
enge und ihre Heerden lieferten ihnen nicht den nöthigen Unter-
halt; sie baten um Erlaubnis, sich die fehlenden Bedürfnisse er-
handeln zu dürfen. Die römischen Statthalter aber, Lupicinus
und Marimus, bedieitten sich der Noch der Gothen so schaam-
los, daß um ein Brod und etwa zehn Pfund elendes, manchmal
Hundesieisch, ihnen ein Sklave verkauft werden mußte. Die mei-
sten Heerden waren hin, hin die Sklaven, Hungersuoth bewog
viele, um Brod ihre Kinder zu geben. Jndeß das Volk untev
diesem Jammer seufzte, wurde Fridigern, der gothische Fürst,
von dem Lupicinus in Marcianopel zu Gaste gebeten. Er war
ein tapferer Jüngling, des Heldenmuths der Balten, seiner Ahn-
herrn, voll; viele junge Leute, Waffenbrüder und Freunde, be-
gleiteten ihn. Während er aß, erhob sich plötzlich das Geschrei
seines Gefolges draußen, welches die Römer überfallen hatten
und mordeten. Er, mit rachefunkelndem Blick, sein Sclpverdt in
der Hand, auf und hinaus, rettet seine Freunde und sprengt mit
ihnen fort.*) Die Gothen, erbittert über der Römer Treulosig-
keit, brachen alsdann auf, schlugen den Lupicinus aufs Haupt
und durchzogen mit Mord und Brand die nächsten Provinzen;
von den Mauern Konstantinopels sah man schon die Flammen der
Dörfer und Landhäuser, die sie angezündet hatten.
Kaiser Valens zog mit einem Heere gegen sie; die Hülfe,
welche ihm sein Neffe Gratian aus dem Abendlande herbeiführte,
wollte er nicht abwarten, um den Ruhm des Sieges allein zu
haben, und wagte vorschnell bei Adrianopel die Schlacht. Es-
wurde hart gestritten, aber das gothische Fußvolk warf endlich die
römische Reuterei und dann auch die Legionen über den Haufen.
Der Kaiser floh verwundet; sein Pferd stürzte; kaum vermochte
er sich in eine benachbarte Bauerhüte zu retten. Die Gothen,
weit entfernt zu glauben, daß unter diesem Strohdach der römi-
sche Kaiser sey, steckten diese Hütte, wie die andern, in Brand;
Valens fand auf diese traurige Art seinen Tod. 378.
k) Anim. Marcel], trab Jorirand«».
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Veränderungen bei den Deutschen. 129
<\W 'Vwwvwwww Vv Vl\ ll\ Www Vwv Vv Vw wv
Mord, weil auch ein Feiger sich an wehrlosen Dingen vergreifen
kann, Nach dem sächsischen Gesetz wurde, wer ein Pferd gestoh-
len hatte, mit dem Tode bestraft; jeder Mord aber, selbst eines
Edelmanns, konnte mit Geld gebüßt werden.*)
Eine jede körperliche Verletzung war sehr genau nach Geld an-
geschlagen; die Verstümmelung der Hand z. B. kostete 100 Schil-
linge; des Daumens 45, der Nase ebenfalls 45, des Zeigefingers
35, eines der andern nur 15.
Das Gericht wurde unter freiem Himmel an einem umzäunten
Orte, der Mahlftätte oder Mahlberg hieß, vor einem auf-
gerichteten Schilde gehalten. Richter waren, unter dem Vorsitze
des Grafen, für freie Männer ebenfalls Freie, in der Gerichts-
sprache Rachimburgi, (Nach- oder nach Andern Rechtsbür-
gen,) hone homines, genannt. Ein jeder führte vor Gericht
seine Sache selbst; es gehörte eine besondere königliche Erlanbniß
dazu, wenn ein Kranker oder Blödsinniger sich durch einen andern
vertreten lassen durfte.
Die Schuld oder Unschuld eines Angeklagten herauszubringen,
schien ihnen bei ihrem wenig schlauen und für die Rechtskünste
nicht scharf ausgebildeten Sinne, sehr schwer zu seyn. Sie halfen
sich daher, wenn die Wahrheit durch Zeugen nicht ermittelt wer-
den konnte, mit den sogenannten Gottesgerichten. Des An-
geklagten Unschuld schien ihnen dadurch erwiesen, wenn er bei den
Gefahren, die im natürlichen Laufe der Dinge verletzen, unver-
sehrt blieb; wenn z. B. seine Hand oder sein Fuß indem er sie
in siedendes Wasser, oder an glühendes Eisen hielt, keine Brand-
mahle bekam, oder wenn er im Zweikampfe mit seinem Gegner
obsiegte. Man hatte das Vertrauen, Gott werde die Unschuld
nicht sinken lassen; und gewiß sehr oft hat, wenigstens im Zwei-
kampfe, das Bewnßtseyn der Unschuld den Sieg gegeben.
Hauptvergnügnngen varen noch immer die Jagd und
der,Krieg. Jene liebten sie so schr und schätzten Alles, was dazu
gehörte, so hoch, daß z. B. bn den Allemannen ein gestohlener
Lcithund mit 12 Schillingen, an Pferd nur mit 6, und eine Kuh
mit Einem ersetzt werden mußte. Ein gemeiner abgerichtctcr Falke
galt 3, und einer, welcher ciren Kranich fing, 6 Schillinge.
Der ganze sittliche und bürgerliche Zustand der deutschen Völ-
kerschaft, in den ersten Jahyunderten nach der Völkerwanderung,
ist in gewisser Hinsicht schlinmer, als das alte einfache Leben, da
*) Das höchste Wehrgeld wrr das eines baierschen Herzogs, nähmlich960
Schm.; das eines Bischofs sttrug 900. Für den König war kein Wchrgcld
bestimmt; seine Person wa' heilig und unverletzlich. — In sehr geringer
Achtung standen die alten Städtebewohner Galliens; ihr Wehrgeld betrug
nur so viel, als für ein als dem verschlossenen Stalle gestohlenes Ferkel
bezahlt werden mußte, 45 Achill., Das Leben in Städten erschien den freien
Franken noch immer als in Gefängnisse; nur nach und nach konnten sich
Einzelne entschließen, Bicher in Städten zu werden.
Kohlrausch D. Gesch. 9. Aufl.
9
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32 !. Ztr. Von U3 vor Chr. Geb. bis 768 nach Chr. Geb.
ein ernsthafter Angriff auf sie gemacht wurde, und daz«
gaben um das Jahr 375 die Hunnen, ein wildes asiati-
sches Volk, den ersten Anstoß.
Sie kamen, durch Kriege ans ihren Wohnsitzen in Asien
vertrieben, mit Weib und Kind und Heerde» dahergezogen
und erschienen um das besagte Jahr an den Gränzen Euro-
pas, da wo setzt das Asvvsche Meer, im südlichen Ruß-
land, ist. Es war ein sehr wildes, ungestümes und barba-
risches Volk von dem Menschenstamme, der einen großen
Theil Asiens bewohnt, gelbe Gesichtsfarbe, kleine Angen,
platte Rase, ein breites Gesicht mit sehr starken Backen-
knochen, plattgedrückten Kopf, und also ein häßliches An-
sehn hat. Die Hunnen machten noch dazu ihren Kindern,
gleich nach der Geburt, tiefe Einschnitte in die Backen und
das Kinn, damit durch die Narben das Hervorwachsen des
Bartes verhindert wurde; dadurch wurden sie noch häßlicher.
Das Volk war an ein unstetes Herumschweifen gewöhnt; die
Weiber und Kinder auf Wagen, die Männer zu Pferde.
Auf den Pferden lebten sie eigentlich; da aßen und tran-
ken sie, ja sie bereiteten selbst ihre Speise oft ans denselben,
indem sie ein rohes Stück Fleisch unter den Sattel auf des
Pferdes Rucken legten, und so mürbe ritten. Auf den Pfer-
den hielten sie ihre Versammlungen und rathschlagten über
wichtige Angelegenheiten; da kauften und verkauften sie;
da schliefen sie auch oft, den Kopf auf des Pferdes Hals
gelehnt. Dadurch wurde dieses räuberische Volk so gefähr-
lich für andere, weil es schnell wie ein Sturmwind ankam,
alles vor sich her verheerte, ausplünderte, dann in Brand
steckte und die Menschen als Sclaven mit fortführte; und
wann sich ein stärkerer Haufen zur Gegenwehr sammelte,
eben so schnell wieder verschwand.
Bei ihrem ersten Einbrüche in Europa, im Jahr 375,
war ihre Anzahl so ungeheuer und der Schrecken vor ihnen
so groß, daß die Völker, auf welche sie stießen, lieber ihre
Wohnsitze verlassen, als den Kampf mit ihnen wagen woll-
ten. Gerade am äußersten Ende nach Morgen zu wohnten
die Oft - und Westgvthen und die Alanen, die auch
zum gothischen Stamme gehörten. Alle wichen vor den Hun-
nen zurück und diese freuten sich sehr, so schöne Weideplätze
für ihr Vieh zu finden, als das jetzige südliche Rußland,
die Ukraine, Polen und Ungarn darboten, wo das Gras
in manchen Gegenden so hoch wächst, daß eine ganze Heerde
Ochsen sich darin verbergen kann. Sie blieben in diesen
Ländern. Die Ostgothen, die auch nicht gern die schö-
nen Donaugegenden ganz verlassen wollten, wurden ihnen
dienstbar, das heißt, sie zahlten Tribut und mußten ver-
TM Hauptwörter (50): [T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T30: [Tier Vogel Mensch Pferd Hund Fisch Thiere Nahrung Eier Wasser]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T75: [Haar Auge Kopf Hand Gesicht Mann Farbe Mantel Fuß Frau], T65: [Reich Italien Land Kaiser Römer Volk Jahr Rhein Gallien Franken], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch]]
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